Tian

Vegetarische oder gar vegane Küche ist bloß etwas für Asketen, wahren Genuss gibt es nur mit einem Stück Fleisch oder wenigstens Fisch auf dem Teller? Dass diese These absolut nicht stimmt, erfährt, wer sich auf einen Besuch im vegetarischen Tian Restaurant einlässt.

Direkt am Viktualienmarkt beweist Chef de Cuisine Christoph Mezger hier, welche großartigen, manchmal überraschenden Geschmackskompositionen sich "einfach nur" aus Gemüse, Früchten, Gewürzen sowie dem ein oder anderen Getreide sowie Milchprodukt zaubern lassen.

Stolze 13 Gault & Millau Punkte hat sich das Team des Tian mit seinen feinen Gourmet-Kreationen eingeheimst. Noch bevor wir diese testen, weht uns bei unserem Besuch schon ihr verlockender Duft aus der zum hinteren Teil des Restaurants hin geöffneten Küche entgegen.

Das Interieur ist geschmackvoll in ruhigen Farben gehalten und Details wie ein schön behandeltes Wurzelstück mit Schälchen für das zum Brot gereicht Fleur de Sel, Olivenöl und Champignonaufstrich, spiegeln das Thema Natur.

Dass neben den servierten Speisen auch der Service rund um Restaurantleiter Marco Stevanato auszeichnungswürdig ist, zeigt sich für uns übrigens lückenlos vom ersten Moment der Begrüßung, über die extrem aufmerksame Bewirtung während des Menüs, bis zur Verabschiedung, als wir als zwei der letzten Gäste das Tian verlassen.

Für uns ein immens wichtiger Punkt. Schließlich verliert auch das beste Essen an Geschmack, wenn es mit gelangweilter Miene serviert wird. Im Tian aber wird uns bereits der Gruß aus der Küche – eine zarte Kreation aus Spargelcreme, gewickelt mit hauchdünner Zucchini und Melone – mit einem ansteckenden Lächeln gebracht.

Die nächste Folge aus "Hummus/Petersilie/Blumenkohl/Rote Beete" entpuppt sich als feingeschichteter Petersilienbiskuit mit Hummuscreme und einer Schicht Petersiliengelee. Dazu knusprig ausgebackene Blumenkohlröschen sowie knackig gegarte rote Beete. Wir sind völlig begeistert nicht nur von der Vielfalt an Geschmäckern, sondern auch Konsistenzen auf dem kunstvoll arrangierten Teller.

Als zweiten Gang genießen wir ein Dreierlei vom Fenchel, der uns sowohl gebraten, als auch als Coulis und Essenz vorzüglich schmeckt. Ein frischer Hauch Orange sowie die uns bis dato unbekannte Yuzu-Frucht machen das Ganze perfekt.

Etwas anderes lässt sich auch vom folgenden "Lauch/Passionsfrucht/Avocado/Palis" sowie "Rote Zwiebel/Schmand/Oxalis/Blaubeeren" nicht behaupten. Passend zur Jahreszeit legt unser Hauptgang den Fokus auf grünen und weißen Spargel.

Vor allem die helle Sorte haben wir mit soviel Biss noch nie gekostet und geraten einhellig ins Schwärmen über die Kombination mit frischem Sauerampfer, samtigen Bohnen und Morchel.

Die Überleitung zum Dessert bildet schließlich ein erfrischendes Gurkensorbet mit geeistem Kokosjoghurt. Als Abschlusshighlight genießen wir ein Schokoladensorbet mit Veilchen-Baiser, Waldmeister, frischen Erdbeeren sowie hauchzart gehobelten, frischen Champignons und einer Champignoncreme.

Eine außergewöhnliche Kombination? Ja, und eine außergewöhnlich gute obendrein! Außergewöhnlich fein abgestimmt sind zudem die Weine, die wir zu jedem Gang serviert bekommen. Darunter so spannende Entdeckungen wir die feinen Tropfen der unkonventionellen Winzer "Bret Brothers" aus dem Burgund.

Trotz der unzähligen Gänge sind wir zu Ende unseres vegetarischen und größtenteils veganen Menüs auf angenehm leichte Weise satt. Und einig: Egal ob Flexitarier, Vegetarier, Veganer oder gar traditioneller Fleisch-Fan – einen Besuch im Tian Restaurant sollte man sich nicht entgehen lassen! Nur selten hat man die Gelegenheit, einzelne, natürliche Geschmäcker so nuanciert und unverfälscht bewusst zu genießen.