Italienische Stilregel Nummer eins: Der Gürtel spielt gar keine so große Rolle. Wichtig ist: Der Reifen muss zum Lamborghini passen!
Bisher wurde dieses Gesetz nirgends niedergeschrieben, weshalb wir hier direkt Urheberrechte einfordern. Sicher ist lediglich, dass man den Ursprung dieser Weisheit wohl irgendwann auf Anfang der 1990er-Jahre in der Schweiz datieren kann – Lamborghini lieferte gerade seine Antwort auf Ferrari F40 und Porsche 959 aus. Wobei »Antwort« das falsche Wort ist. »Waffe« wäre wohl passender. Das intern P132 genannte Modell war eine Kampfansage und sollte schlicht das schnellste Serienfahrzeug der Welt sein. Und um gleich alle Zweifler vor den Kopf zu stoßen, nannte Lamborghini diese Replik schlicht Diablo.

Für die Knaben der Schweizer Verkehrsobrigkeit aber war er zu laut. Eine Ursache waren tatsächlich die Reifen und ihr Abrollgeräusch.
Pirelli-Pneus, wie sie seit der Gründung von Lamborghini im Jahr 1963 und bis heute nahezu ausnahmslos eigentlich auf jedem Modell geliefert werden. Hinten in den Dimensionen 335er-Breite, 18-Zoll, entwickelt und maßgeschneidert für die Fahrleistungen des Diablo. Die angegebenen 325 km/h Topspeed wurden bei mehreren unabhängigen Tests überboten. Das Thema war ernst, also handelte Lamborghini. Extra für die Schweiz wurde ein Reifen entwickelt, der das Abrollgeräusch deutlich senkte. Das Ergebnis überzeugte die Behörden, der Diablo bekam die Zulassung für die Schweiz. Frei nach dem heiligen Credo: Was Italiener verbinden, sollen Schweizer Behörden nicht trennen. Amen.

Der Name Pirelli P Zero steht für Ultra-High-Performance-Reifen, die seit über 35 Jahren als Benchmark gelten. Ihr besonderes Hightech-Level und ihr Leistungsvermögen machen sie zum bevorzugten Erstausrüstungsreifen für viele Supersportwagen, Limousinen und Luxus-SUVs weltweit führender Automobilhersteller. Mit Innovationen wie ultraflachen Profilen setzen die Niederquerschnittsreifen immer wieder Standards.
Das Thermometer zeigt 37 Grad Außentemperatur. Die Hitze wabert über dem goldenen Lamborghini Diablo VT 6.0 SE, schon bevor ich den V12 mit einem klassischen Zündschlüssel starte. Es handelt sich um den letzten gebauten Diablo überhaupt aus dem Jahr 2001, die No. 42. Kein Heckspoiler, statt Klappscheinwerfer feststehende, in die Karosserie eingebundene Schweinwerfer (ja, die sind von Nissan!!), Lochfelgen, offene Fünfgang-Handschalter-Kulisse und keine 5.000 Kilometer auf dem Tacho. Normalerweise steht dieses Fahrzeug im MuDeTec, dem Lamborghini Museum in Sant’Agata. Doch heute soll der Zwölfzylinder frei atmen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Dennoch zögere ich. Es ist der Diablo! Autoquartett-As. Posterheld. Legende. Jugendtraum. Eine Schande, dass sie für den weltberühmten Pirelli Kalender meist nur Frauen als Models nehmen.
Bitte nicht falsch verstehen, ich habe nichts gegen Frauen oder gar ein Problem damit, einen modernen Lamborghini Aventador zu starten und seiner Bestimmung entsprechend zu fahren. Selbst bei einem SVJ laufen die Prozesse beinahe routiniert ab. Aber beim Diablo? Es ist ein bisschen, als ob einem jemand Ana de Armas vorstellt. Da sagst du auch erst mal nur verlegen »Hallo« und drückst ihr nicht gleich einen Kuss auf.

Lamborghini Diablo VT 6.0 SE // Motor: Zwölfzylinder-V-Motor / Hubraum: 5.992 ccm / Leistung: 549 PS (404 kW) / Drehmoment: 620 Nm bei 5.500 U/min / 0–100 km/h: ca. 4,0 s / Vmax: 330 km/h
Auf der anderen Seite: Es ist der Diablo! Und damit ein Lamborghini. Das Design: Gandini. Ein Körper, der ins Auge springt. Keine Zurückhaltung. Niemals. Also los. Schon die strenge Kupplung verlangt einen kräftigen Unterschenkel, als ob man eine verschlossene Tür auftreten möchte. Der Anlasser gurgelt ordentlich, du spürst die Masse, die hier aus dem kalten Ruhezustand in die mechanische Bewegung von gut 1.000 Umdrehungen gepusht werden soll. Laufruhe? Geht so. Verglichen mit der beinahe schon synthetischen Harmonie, mit der die zwölf Töpfe eines Aventador sirren, grummelt der Diablo-V12 mit gewissen Unruhen. Ist das Unmut, echte Maschinen-Wut? Wer könnte es diesem Diablo verdenken, legt man ihn doch die meiste Zeit im Museum ins Koma. Und das seit Jahrzehnten. Streng genommen ist das Blasphemie. Oder wie heißt das höllische Äquivalent dazu?
Erster Gang. Kupplung kommen lassen. Der Druckpunkt lässt sich gut erspüren, das erste Anrollen gelingt erfreulich souverän. Von da an habe ich nur noch eines zu tun: Diablo fahren. Ich muss es klar durchdenken und alles so nehmen wie es kommt. Und nicht so viel grübeln. Grübeln ist genauso schlimm wie Angst haben. Dadurch wird alles viel schwieriger. Vor allem in diesem Auto. Zweiter Gang klack-klack.
Quelle: https://ramp.space/post/lamborghini-diablo-der-teufel-tragt-pirelli
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